Mai 2015
Mai 2015
Abo

Zwischen Gitter und Gardine

SICHERHEIT / FENSTERBAU

Die Neuausrichtung der Sicherungsverwahrung in der Bundesrepublik Deutschland fordert ein «Abstandsgebot». Das heisst, dass die Unterbringung der «Sicherungsverwahrten» sich deutlich von der von «Inhaftierten» unterscheiden muss. Zur Hervorhebung dieses Abstands wurde beim Neubau auf dem Gelände der JVA Tegel auf die im Gefangenenbereich üblichen Stabgitterfenster verzichtet. Stattdessen hat jedes Zimmer ein Panoramafenster aus Festverglasung und einem Öffnungsflügel, der durch ein davorliegendes Schmuckelement gesichert ist.


Login

Danke für Ihr Interesse an unseren Inhalten. Abonnenten der Fachzeitschrift metall finden das Login für den Vollzugriff im Impressum der aktuellen Printausgabe. Das Passwort ändert monatlich.


Jetzt registrieren und lesen. Registrieren Sie sich um einzelne Artikel zu lesen und einfach per Kreditkarte zu bezahlen. (CHF 5,- pro Artikel)
Als registrierter Benutzer haben Sie jederzeit Zugriff auf Ihre gekauften Artikel.

Sollten Sie als interessierte Fachkraft im Metall-, Stahl- und Fassadenbau die Fachzeitschrift metall tatsächlich noch nicht abonniert haben, verlieren Sie keine Zeit und bestellen Sie Ihr persönliches Abonnement gleich hier.

Anlass für den Neubau der Sicherungsverwahrung auf dem Gelände der JVA Tegel war eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes aus dem Jahr 2009, nach der die gängige Praxis der Unterbringung von Sicherungsverwahrten - also Straftätern, die ihre Strafe abgesessen haben, von ihren Richtern aber weiterhin als so gefährlich eingestuft werden, dass sie nicht entlassen werden - in Gefängnissen gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstosse. Ihre Unterbringung ist künftig in einen freiheitsorientierten und therapiegerechten Rahmen einzubetten. Neubau war erforderlich Für die rund 500 Sicherungsverwahrten in der Bundesrepublik, die in sechs Haftanstalten leben, hat das weitreichende Folgen. Nicht immer genügt es, Hafträume umzugestalten, sondern es ist - wie hier in Berlin - zur Wahrung des «Abstandsgebots» ein Neubau erforderlich. Der Standort auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt Tegel wurde gewählt, weil das Sicherheitsmanagement und das differenzierte Arbeits- und Freizeitangebot für die Sicherungsverwahrung mitgenutzt werden können. Eine entsprechende Erweiterungsfläche und ein Bebauungsplan waren ebenfalls vorhanden. Der Neubau wurde als gestreckter Zeilenbau errichtet, der sich im nördlichen Teil - zur angrenzenden Gefängnismauer hin - von fünf auf vier Vollgeschosse reduziert. Dieser Vor- bzw. Rücksprung zwischen den beiden Wohneinheiten markiert eine Mittelzone, in der die Räume für die AVD-Mitarbeiter angeordnet sind. Sie können von hier aus beide Wohneinheiten einsehen. Mit Unterbringungsmöglichkeiten für 60 Sicherungsverwahrte ist der Neubau recht grosszügig geplant, denn Berlin hat derzeit nur 40 solchermassen Verurteilter. Allerdings ist die Sicherungsverwahrung bei 39 weiteren Tätern vorgemerkt. Jedem Sicherungsverwahrten steht ein ca. 20 m2 grosses Zimmer mit Bad zur Verfügung. Keine herkömmliche Vergitterung Von aussen betrachtet unterscheidet sich der Neubau in einem wesentlichen Element von den benachbarten Gefängnissen. Bei der Fassadengestaltung wurde auf die herkömmliche Vergitterung der Fenster verzichtet. Stattdessen kamen speziell konzipierte, mit dem Laser bearbeitete Lochblechelemente in Verbindung mit einer Pfosten-Riegel-Konstruktion zur Anwendung. Die regelmässige Fassadenabwicklung entspricht der inneren Organisation. Die Wohnzellen bilden sich in der Fassade als vierachsige Elemente mit umrahmenden Lisenen bzw. friesartigen Glasfaserbetonelementen ab; eine Gliederung, die auch für die anderen Nutzungsbereiche (Büros, Schulungs-, Werk- und Sporträume) übernommen wurde. Ein zweitteiliges Standardfenster - bestehend aus einem grossformatigen, mit transparentem Spezialsicherheitsglas fest verglastem Element und einem verglasten, öffenbaren Lüftungsflügel mit davorliegendem Lochpaneel als ornamentales Schmuckelement - prägt die Fassade des ansonsten zurückhaltend gestalteten Funk-tionsbaus. Blech aus Hartmangan Das ausbruchsichere Lochblech wurde von den Architekten im Rahmen der Entwurfsplanung gestaltet. Es handelt sich um ein zwölf Millimeter dickes Stahlblech aus Hartmangan mit ellipsenförmigen Ausschnitten in unterschiedlichen Abmessungen. Die Herstellung der Lochpaneele erfolgte durch Lasern. Entsprechend den Sicherheitsanforderungen für Gitter ist die grösste Abmessung 120 ½ 300 Millimeter. Dieses Lochblech ist mit geschweissten Laschen so am Tragprofil der Pfosten-Riegel-Konstruktion befestigt, dass es bis zu einer horizontalen Zugkraft von 30 kN nicht herausgerissen wird. Die Belastungsprüfung erfolgte im MFPA Leipzig. Einer gutachterlichen Stellungnahme zufolge konnte damit auf Gitter vor den Fenstern verzichtet werden.