Juli 2015
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Jeder Metallbauer baut Geländer und Treppen

INTRO

«Der Hersteller von Geländern und Treppen ist per Gesetz verpflichtet,
harmonisierte Normen einzuhalten.»

Das Geländer scheint auf den ersten Blick ein sehr einfaches Bauteil zu sein. Pfosten, Handlauf, Ober- und Untergurt, Fussplatte und ein paar Dübel - damit ist ein einfaches Geländer erstellt. Gäbe es keine Architektur, würde das Geländer wohl immer so gebaut.
Dass es kaum einfache Geländer gibt, zeigt die Praxis mit allen möglichen Geländerkonstruktionen auf. Oft glaube ich, dass ich nun definitiv alle möglichen Geländervarianten gesehen habe. Meist überrascht es mich dann ein paar Tage später, wenn ich eine Anfrage zur Berechnung der Statik eines absolut neuen Typs erhalte. Das Feld ist also offen und die Möglichkeiten sind beinahe unbegrenzt. Dies dürfte auch der Grund sein, weshalb die «Norm SIA 358 Geländer» so kurz gehalten ist.
Mit dem Erscheinen dieser Ausgabe der Zeitschrift «metall», erscheint auch die «SMU Richtlinie TR001 Bemessung von Geländern». Die Richtlinie wurde durch die Technische
Kommission des Fachverbandes Metallbau, der Schweizerischen Metall-Union, erstellt. Primär geht es in dieser Richtlinie darum, die Anforderungen an die Statik für ein Geländer auf ein sinnvolles Mass zu setzen. Zudem will die SMU als Vertreterin der Geländer bauenden Branche eine Vorreiterrolle übernehmen.
Schaut man die gebauten Geländer an, dann erkennt der Statiker schnell, dass viele Geländer unterdimensioniert sind. Schäden daraus entstehen wohl, doch meist geschieht eher nichts. Dies vor allem auch, da die nach Norm geforderten Lasten kaum jemals auftreten. Es treten jedoch vermehrt Forderungen nach einem statischen Nachweis auf. Muss der Unternehmer dies für bereits unterdimensioniert gebaute Geländer im Nachhinein erbringen, kämpft er mit Problemen, welche sich einfach verhindern liessen.
Mit dem Inkrafttreten des Bauproduktegesetzes am 1. Juli 2015 wird sich dies jedoch ändern. Neu ist der Hersteller von Geländern und Treppen per Gesetz verpflichtet, harmonisierte Normen einzuhalten. Bei Geländern und Treppen gilt die EN 1090. Dort wird auch der Nachweis der Statik gefordert, um das Produkt gesetzeskonform in Verkehr bringen zu dürfen. Unterdimensionierte Geländer dürften zunehmend der Vergangenheit angehören. Dasselbe gilt auch für den Treppenbau. Die Statik ist also zwingend zu erbringen und auch zu dokumentieren. Mit den heute zur Verfügung stehenden Softwareprogrammen für statische Berechnungen lassen sich die statischen Nachweise für Geländer und Treppen rasch erbringen. Bei den Treppen kann schon während der Statik das Schwingungsverhalten beurteilt werden. Dies bietet dem Metallbauer eine sehr hohe Sicherheit in Bezug auf die Ausführung und verhindert unnötige Diskussionen mit überempfindlichen Kunden.
Oft stellt man mir die Frage, ob der Metallbauer die Statik selbst erbringen kann. Grundsätzlich kann er dies, wenn er die Bemessung nach EN 1090 ebenfalls zertifizieren lässt. Dafür muss er jedoch eine entsprechende Ausbildung nachweisen können. Jedoch bleibt zu bedenken: Der Ingenieur kann auch nicht schweissen und der Buchhalter ebenfalls nicht - jeder ist auf seinem Gebiet der Spezialist. Gute Ingenieure finden oft Materialeinsparungen, die dem Metallbauer Einsparungen einbringen. Das Wichtigste an einer externen Vergabe der Statik geht vergessen oder ist oft gar nicht bekannt. Ein externer Ingenieur ist versichert! Macht er einen Fehler, haftet seine Versicherung dafür. Macht der Unternehmer selbst einen Fehler bei der Statik, bezahlt er den Schaden selbst!