Juni 2022
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Die neue «Weltrekordhalterin» kommt aus Huttwil

Schwertkämpfer und Schmied

Alex Gueffroy, Schwertkampf-Trainer aus dem bernischen Rüedisbach, stellte mit einer Damastklinge einen neuen Weltrekord auf. In einer Minute durchtrennte er 71-mal die einzelnen zu Rollen gebündelten Matten aus Igusa-Gras. Geschmiedet wurde das Wunderwerk von Reto Zürcher in Huttwil.


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«Braida», ein europäisches Anderthalbhandschwert mit wurmbunter Damastklinge, ist für den Weltrekordversuch bereit.
«Braida», ein europäisches Anderthalbhandschwert mit wurmbunter Damastklinge, ist für den Weltrekordversuch bereit.

 

Schwertkämpfer und Schmied

Die neue «Weltrekordhalterin» kommt aus Huttwil

Alex Gueffroy, Schwertkampf-Trainer aus dem bernischen Rüedisbach, stellte mit einer Damastklinge einen neuen Weltrekord auf. In einer Minute durchtrennte er 71-mal die einzelnen zu Rollen gebündelten Matten aus Igusa-Gras. Geschmiedet wurde das Wunderwerk von Reto Zürcher in Huttwil.

Text: Redaktion / Bilder: Reto Zürcher

«Braida», ein europäisches Anderthalbhandschwert mit wurmbunter Damastklinge, geschmiedet in Huttwil, und seit Mai 2021 hat sie zusammen mit ihrem «Schwertträger» Alex Gueffroy aus Rüedisbach einen neuen Weltrekord aufgestellt. In der Disziplin «Die meisten Schnitte durch Tatami Omote (Matte aus Igusa-Gras) in einer Minute mit einem einhändig geführten Schwert».
Der bestehende Rekord stand bei 25 Schnitten in 60 Sekunden, das Duo Alex und Braida setzten die Latte auf sagenhafte 71 Schnitte. Eingetragen ist der Weltrekord bei Official World Records.

 

 

Korrekter Umgang mit scharfem Schwert in aktiver Bewegung

Wie kommt man auf die Idee, einen solchen Weltrekord aufzustellen? «Ich fand heraus, dass es im Mattenschneiden (Tatami Omote) mindestens sechs Weltrekorde in verschiedenen Disziplinen gibt. Das reizte mich, einen solchen Rekord zu brechen, da es das grösste ist, mit einem Schwert zu schneiden, es zu führen und die Klinge in Dynamik zu versetzen», erklärt Alex Gueffroy.
Der 33-Jährige weiss, wovon er spricht, seit zehn Jahren betreibt er in Burgdorf seine eigene Schwertkampfkunstschule Kagetana.
  

«Nach 300 Schnitten durch die 10 cm dicke Reisstrohmatte gab mir Alex die Klinge das erste Mal zum frisch Abziehen.» Reto Zürcher

 

Eine Wurmbunte soll es sein

Die Entstehungsgeschichte des Schwerts Braida lief ungeplanterweise parallel zur Idee von Alex Gueffroy, sich dem Weltrekord zu stellen. Reto Zürcher betreibt seit 17 Jahren seine Schmiede in Huttwil. «40% Hufbeschlag, 10% regionale Arbeiten und 50% Schmieden von Blankwaffen, in etwa so setzt sich mein Arbeitsfeld zusammen», berichtet der 44-Jährige. «Irgendwann hat man dann das Bedürfnis, sich sein eigenes Schwert zu schmieden. Eine Wurmbunte soll es sein, geschmiedet aus unterschiedlichsten Sorten Damaszenerstahl. Wurmbunt ist unsere europäische traditionelle Art, aufwendige und schon fast magische Klingen zu schmieden. Die angewandte Technik besteht darin, Damastvierkantstäbe partiell zu verdrehen, diese Mustersteuerung führt zu einem einzigartigen Erscheinungsbild. Die Kelten taten dies bereits 300 v. Chr., einen grossen Auftrieb gab es dann im Frühmittelalter bis Ende Wikingerzeit, ca. 450–1000 n. Chr.
Braida wurde geschmiedet, relativ schlicht in der Erscheinung, zum Arbeiten gedacht, dem Schneiden. Eine solche Klinge besteht aus einer harten, schnitthaltigen Schneide und einem weichen, zähen Kern. Was sich nach einem kurzen Arbeitseinsatz anhört, mag täuschen, in Braida stecken immerhin um die 70 Arbeitsstunden. Als Detail wurde ihr Name mit Kupferbuchstaben in die Klinge eintauschiert, eine traditionelle Einlegetechnik. Auf der Gegenseite ziert eine Schlange aus Meteoritenstahl die Klinge. «Ich finde es sehr passend und edel, das Himmelseisen und den Stahl aus der Erde in einer Klinge zu vereinen», schwärmt der Schmied.
  

 

Der Name wurde mit Kupferbuchstaben in die Klinge eingelegt.
Der Name wurde mit Kupferbuchstaben in die Klinge eingelegt.

 

Wer testet das Schwert?

Fertig geschmiedet wartete das Schwert auf seine Testphase, was immer etwas schwierig ist bei Schwertklingen. Zwei Monate nach der Fertigstellung von Braida kam Alex zu mir und sagte: «Ich möchte einen Weltrekord brechen, und ich würde dies gerne mit einer deiner Klingen machen.» Ich drückte ihm Braida in die Hand und meinte: «Mit dieser sollte es gehen.»
Die ganze Trainings- und Vorbereitungszeit dauerte gut neun Monate, und genau das verschaffte mir den gewünschten Referenzwert, wenn man ein Schwert wirklich gebraucht. Nach 300 Schnitten durch die 10 cm dicke Reisstrohmatte gab mir Alex die Klinge das erste Mal zum frisch Abziehen, ich war sehr zufrieden. Mittlerweile hat Braida über 600 Schnitte bewältigt, inklusive des Weltrekords, wo die Schnittfrequenz unter einer Sekunde pro Schnitt lag. Dies ist eine enorme Beanspruchung. Unsere europäischen Schwertklingen schwingen nach dem Schnitt eine kurze Zeit nach, bevor sie sich wieder stabilisieren. «Mit diesem enormen Tempo kommt die Klinge kaum zur Ruhe, und man kann von einer Stressbelastung sprechen», so der Schmied.
Und dies ist das neuartige unter den bestehenden Weltrekorden. «Alle anderen Rekorde wurden mit japanischen Klingen bewältigt, was auch Sinn macht, da es sehr gute, für den Schnitt geeignete, gebogene Schwerter sind. Unserer wurde mit einer geraden europäischen Klinge getoppt, made in Switzerland –  Emmental», erklärt Reto Zürcher.

 

Das partielle Verdrehen von Damastvierkantstäben generiert ein einzigartiges Erscheinungsbild.
Das partielle Verdrehen von Damastvierkantstäben generiert ein einzigartiges Erscheinungsbild.

 

Experten prüften genau

Um den Rekordversuch korrekt durchführen zu können, brauchten wir zwei Richter vom Fach. Die Experten trainieren beide seit Jahrzenten Iaido, eine japanische Schwertkampfkunst, welche auch das Mattenschneiden beinhaltet. Joachim Bürkle und Urs Jäger waren die idealen Fachmänner, um das Endresultat des Weltrekordversuchs zu bestimmen und gutzuheissen. Die ersten 65 Schnitte wurden perfekt und fehlerfrei ausgeführt. Nach einem Fehlschritt und einer gewissen Ermüdung verlor Alex kurzzeitig seinen Rhythmus, was ein paar Fehlschnitte zur Folge hatte.
Neben der Wahl des Materials, das geschnitten wird, gibt es vier ausschlaggebende Komponenten beim Mattenschneiden: den Schnittwinkel, das ausgeführte Schneiden, also die Kontrolle über das Schwert, während der Widerstand durchtrennt wird, die Schnelligkeit des Schnittes und die Beschaffenheit der Klinge. Stimmt eine dieser Voraussetzungen nicht, besteht die Gefahr dass der Schnitt scheitert und das Ziel nicht ganz oder an der falschen Stelle durchgeschnitten wird. «Diese Schnitte gelten als fehlerhaft und dürfen nicht gezählt werden», so Joachim Bürkle.

Sagenhaft – von 25 auf 71 Schnitte

Endlich war es so weit. Ein Pfiff aus der Trillerpfeife und es ging los. Alex lässt Braida fliegen, und sie vollführen gemeinsam ihr Werk. Von vorgegebenen 25 auf 71 Schnitte ist es fast eine Verdreifachung des Ergebnisses. «Ich bin sehr zufrieden mit dem Resultat, auch wenn mich die Fehlschnitte natürlich etwas wurmen, aber so bleibt immerhin noch Luft nach oben», schmunzelt Alex Gueffroy.
Dieser Weltrekord ist auch ein schönes Statement zum neu erlangten Selbstbewusstsein der Schwertkultur in Europa.  ■

Zum Video geht es Hier

www.waffenschmiede.ch