April 2024
April 2024

Renzo Piano ersetzt eingestürzte Genua-Brücke in Rekordzeit

06.03.2019

Die Brücke ist Teil der italienischen Autobahn 10, die als «Autostrada die Fiori» bekannt ist und eine wichtige Verbindung nach Südfrankreich, in den Piemont und die Lombardei darstellt. Eine Bauzeit von nur 12 Mo­naten hat das Konsortium der Firmen Salini Impregilo, der Schiffswerft Fin­cantieri und des Gleisbauers Italferr für das 1,1 Kilometer lange neue Via­dukt veranschlagt. Jedoch erst nach­ dem das Areal von sämtliche Trüm­mern befreit sein wird. Und das kann dauern, schliesslich sollen ausser den Brückenresten auch 50 bis 100 Ge­bäude unterhalb der Brücke abgeris­sen werden. Salini Impegno ist den grossen Massstab gewohnt, das Un­ternehmen war unter anderem am Ausbau des Panama Kanals beteiligt.

Die Ursache des Einsturzes der 51 Jahre alten Stahlbetonkonstruktion führen die Gutachter der Eidgenössi­ schen  Materialprüfungs­- und For­schungsanstalt EMPA auf die Korro­sion der Stahllitzen der Abspannun­gen zurück. Die Bauweise von Schräg­seilbrücken in Stahlbeton, für die Riccardo Morandi (1902–1989) be­rühmt und mehrfach ausgezeichnet wurde, ist seit Jahrzehnten umstrit­ten. Durch die Betonummantelung der Litzen kann der Zustand des Stahls nur schwer festgestellt werden.

Einfachheit überzeugte
Piano skizzierte einen Durchlaufträ­ger aus Stahl auf massiven Betonpfei­lern, dessen Robustheit Marco Bucci, den Bürgermeister von Genua durch ihre Einfachheit überzeugt hat. Sie sei ein schlichter Bau «im Einklang mit dem Charakter der Stadtbewohner». Santiago Calatrava, der mit in der Endausscheidung bei der Auftragsver­gabe war und erst in der letzten Runde unterlag, legte gleich drei Al­ternativen vor: eine weitgespannte Bogenbrücke, eine Schrägseilbrücke, die an das Konzept der Millennium Bridge in London erinnert, und einen ebenfalls schlichten Durchlaufträger, jedoch mit aufgelösten Stützenköp­fen. Kühnheit als Ausdruck hoher Ingenieurskunst war nach den Erfah­rungen offensichtlich nicht mehr ge­fragt.

Piano wird lediglich die künstleri­sche Oberleitung haben, um die Qua­lität des Projekts zu sichern, und wird ohne Honorar seinen grossen Erfah­rungsschatz zur Verfügung stellen. 20 der 19 Brückenfelder im Abstand von 50 m sind gebogen, nur der Abschnitt über den Fluss Polcevera mit 100 m Spannweite verläuft gerade. Wesentliches Merkmal des zurückhal­tenden Entwurfs sind 43 filigrane Laternen über den Pfeilern, die an die Opfer des Einsturzes erinnern.

Quelle: Structure-magazin.de