Dezember 2015
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Streichquartett — originalgetreu geschmiedet und in Öl gebrannt

METALL UND DESIGN

GeigenbauToni
Herzig gilt als begnadeter stiller Schaffer, der ausschliesslich mit Metallen arbeitet. Oftmals tut er dies an seinen Werken so akribisch bis die Kunstwerke das Prädikat «einmalig» erhalten. Ein Freund des Künstlers hat diesen in seiner Werkstatt besucht. Sein Erlebnis des Besuchs schildert er im Beitrag.


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Rein zufällig und doch voller Erwartung besuchte ich diesen Herbst Toni Herzig in seiner Werkstatt in Bern. Was ich entdeckte, war überwältigend. Als ich in die Werkstatt trat, war der Raum voll Rauch und es stank penetrant nach verbranntem Öl. Was war passiert? Toni Herzig war gerade dabei, ein grosses heisses Stahlteil mit Öl einzubrennen. Nachdem er Fenster und Tür geöffnet hatte, entwich die Ölwolke langsam.In der Folge erklärte er mir die verschiedenen Gegenstände, die ich plötzlich in der Werkstatt wahrnahm. Ich kam nicht mehr aus dem Staunen heraus, bei dem, was ich zu sehen bekam. Herzig war mit der Herstellung eines klassischen Streichquartetts bestehend aus einem Cellisten, einem Bratsche- und zwei Geigenspielern beschäftigt.Kein Guss, kein LackAuf meine Frage, wieso nicht Giessen anstatt Schmieden, Hämmern, Schweissen und so weiter, antwortete Herzig mit Überzeugung, dass aufgrund all der heute zur Verfügung stehenden Giesstechniken, Legierungen, Wachse und Kunststoffe - anstelle von Sand - alles Mögliche und Unmögliche gegossen wird. Die innere Formgebung, wie sie beispielsweise in Rodins Gussfiguren unverwechselbar ersichtlich ist, fehlt häufig in den heutigen Gusswerken. Sie wirken statisch, ohne Ausdruck und kalt. Zudem werden sie des Öftern in einer entfernten Parkecke platziert, wo man sie kaum mehr wahrnimmt. Das Gleiche gilt für die heutige Farbgestaltung der neuen Werke. Herzigs Gegenstände werden mit Öl eingebrannt; diese Oberflächenbehandlung ist um vieles aufwendiger und, wie man riechen kann, auch geruchsintensiver. Die Gegenstände wirken viel wärmer und natürlicher als lackierte Stahlkörper.Auf meine zweite Frage, wie er auf die Idee gekommen sei, das einzigartige Streichquartett in dieser Grösse herzustellen, sagte er nur, dass er die Idee seit über 20 Jahren im Kopf herumtrug. Er erzählte mir auch, dass er grosse Unterstützung von Berufskollegen erhalten und insbesondere die Schulleitung der Geigenbauschule Brienz ihm Pläne von allen Streichinstrumenten zur Verfügung gestellt habe.Alles im Massstab 2 zu 3Alle Figuren basieren auf einer Körpergrösse von zwei Dritteln von 1,80 m, das heisst, die Streicher sind 1,20 m, die Dame ist 1,15 m gross. Das bedeutet, dass auch alles andere, wie zum Beispiel die Stühle und die Instrumente zwei Drittel der Normalgrösse aufweisen müssen. In der Tat, Herzig zeigte mir die genauen Planunterlagen des legendären GeigenbauTonimeisters Antonio Stradivari aus dem Jahr 1694 sowie die Planunterlagen einer Contralto-Viola (Bratsche) von Giovanni Paolo Maggini aus dem Jahr 1711 und diejenigen des grossen Cellobauers Alessandro Gagliano aus dem Jahr 1704.Von der Ausstellung in die KircheBei dieser Gelegenheit erwähnte Toni Herzig, dass dieses klassische Streichquartett, um ein wenig Ausstellungsluft zu schnuppern, als Erstes vom 5. bis zum 8. November an einer Vorweihnachts-Gewerbeausstellung zu sehen sein und dann während der Weihnachtskonzerte in einer grossen Kirche Platz nehmen wird.Am 6. November reiste ich erneut nach Bern, um Toni Herzig an der Gewerbeausstellung zu besuchen. An den meisten Ausstellungsständen waren nicht besonders viele Leute zu sehen. Doch an Herzigs Stand konnte ich eine grössere Menschenansammlung wahrnehmen. Je näher ich mich dem Streichquartett näherte, hörte ich, wie die Besucher sich über diese besonderen Figuren äusserten. Von «Wow» bis «unglaublich» war alles zu hören. Wie ich feststellen konnte, waren sich die Besucher einig, dass dieses klassische Ensemble, nebst den anderen ebenfalls ausgestellten Skulpturen, einzigartig ist und grosse Anerkennung verdient.