

Solarfassade neu gedacht
Fassadentechnik / Glas
Direkt beim Bahnhof Regensdorf-Watt ZH entsteht unter dem Namen Zwhatt ein neues, zukunftsweisendes Quartier. Herzstück des Projekts ist ein bereits ausgezeichnetes Hochhaus, entworfen von Boltshauser Architekten, Zürich. Besonders beeindruckend ist die innovative Solarfassade, die in enger Kooperation zwischen der BE Netz AG und der Ruch Metallbau AG entwickelt und realisiert wurde.
Login
Danke für Ihr Interesse an unseren Inhalten. Abonnenten der Fachzeitschrift metall finden das Login für den Vollzugriff im Impressum der aktuellen Printausgabe. Das Passwort ändert monatlich.
Jetzt registrieren und lesen. Registrieren Sie sich um einzelne Artikel zu lesen und einfach per Kreditkarte zu bezahlen. (CHF 5,- pro Artikel)
Als registrierter Benutzer haben Sie jederzeit Zugriff auf Ihre gekauften Artikel.
Sollten Sie als interessierte Fachkraft im Metall-, Stahl- und Fassadenbau die Fachzeitschrift metall tatsächlich noch nicht abonniert haben, verlieren Sie keine Zeit und bestellen Sie Ihr persönliches Abonnement gleich hier.
Fassadentechnik / Glas
Solarfassade neu gedacht
Direkt beim Bahnhof Regensdorf-Watt ZH entsteht unter dem Namen Zwhatt ein neues, zukunftsweisendes Quartier. Herzstück des Projekts ist ein bereits ausgezeichnetes Hochhaus, entworfen von Boltshauser Architekten, Zürich. Besonders beeindruckend ist die innovative Solarfassade, die in enger Kooperation zwischen der BE Netz AG und der Ruch Metallbau AG entwickelt und realisiert wurde.
Bund, Kantone und Städte setzen vermehrt auf neue Energiestrategien und treiben die dezentrale Stromerzeugung gezielt voran. Im Zentrum steht dabei die Sonne als unerschöpfliche Energiequelle. Die Stadt Zürich beispielsweise hat die Solarstromproduktion in den vergangenen zwölf Jahren von rund 4,5 Gigawattstunden (GWh) auf 46 GWh im Jahr verzehnfacht. Trotz des deutlichen Anstiegs deckt die aktuelle Solarstromproduktion erst etwa 1,6 Prozent des gesamten Stromverbrauchs der Stadt – und damit nur einen kleinen Teil des vorhandenen Potenzials. Schätzungen gehen davon aus, dass in Zürich jährlich zwischen 450 und 500 Gigawattstunden Solarstrom erzeugt werden könnten. Um dieses Potenzial künftig besser auszuschöpfen, sollen neben den Dächern vermehrt auch Fassaden sowie bestehende Infrastrukturanlagen für die Installation von Photovoltaikanlagen genutzt werden.
H1 als Holz-Hybrid-Bau konzipiert
Mit dem Projekt Zwhatt entsteht in Regensdorf-Watt ein zukunftsweisendes Stadtquartier auf einem ehemaligen Industrieareal. Ziel ist es, ein durchmischtes, klimaneutrales Viertel mit vielfältigen, erschwinglichen Wohnformen sowie Raum für Gewerbe und Dienstleistungen zu schaffen. Eines der zentralen Bauvorhaben ist das Hochhaus H1, das kurz vor der Bauvollendung steht. Mit seiner innovativen Architektur setzt es neue Standards für nachhaltiges Bauen und Umweltschutz.
Der 24-geschossige Turm wurde von der Boltshauser Architekten AG entworfen und bietet 156 Wohnungen sowie rund 770 m 2 Büro- und Gewerbefläche im Sockelbereich. Charakteristisch für das Gebäude H1 ist die Holz-Hybrid-Bauweise: Während der Erschliessungskern und der dreigeschossige Sockel aus Beton bestehen, wurden die Zwischendecken der Wohngeschosse aus schlanken Betonplatten gefertigt. Das restliche Tragwerk – inklusive Stützen, Unterzüge und Aussenwände – besteht aus Holz oder vorgefertigten Holzelementen und verleiht dem Gebäude seine besondere ökologische Qualität.
Photovoltaik als Bestandteil der Fassade
Die Fassade des Gebäudes überzeugt nicht nur durch ihr ästhetisches Erscheinungsbild, sondern auch durch ihre nachhaltige Funktionalität. Ein zentrales Element bildet dabei die Photovoltaikanlage. Die Solarmodule sind horizontal auskragend vor der Fassade montiert und übernehmen dabei eine doppelte Funktion: Einerseits erzeugen sie umweltfreundlichen Strom, andererseits wirken sie als Regen- und Sonnenschutz für die darunterliegenden Fenster und Loggien. Diese «neu gedachte» Lösung ist das Ergebnis einer engen Zusammenarbeit zwischen BE Netz AG, Spezialist für Photovoltaiksysteme, und Ruch Metallbau AG, die für die massgeschneiderte Umsetzung der Fassadenelemente verantwortlich ist.
Technische Umsetzung der Photovoltaik-Fassade
Die vier Fassadenseiten des 24 Geschosse zählenden Gebäudes sind mit insgesamt 1764 Photovoltaikmodulen ausgestattet, die eine Fläche von 1464 m² abdecken. Zur Anwendung kamen Doppelglas-Module in vier verschiedenen Längen zwischen 1,0 und 1,5 m, jeweils mit einer Breite von 80 cm. Die Glasstärken variieren je nach Ausführung: Verbundglas 2 x 6 mm oder 2 x 8 mm für Sonnen- und Schattenseite.
Eine besondere Herausforderung stellte dabei die Verkabelung dar, da gemäss Brandschutzvorgaben keine stockwerkübergreifende Kabelführung an der Fassade erlaubt ist. Stattdessen wird die elektrische Verbindung geschossweise über den Gebäudekern geführt. Bereits in der Planungsphase wurde diesem Aspekt Rechnung getragen. Das gesamte, nicht zu unterschätzende Konzept für Kabelverlegung, Rinnenführung und technische Details – wie Kabellängen und Steckertypen – wurde gemeinsam von BE Netz AG und Ruch Metallbau AG entwickelt.
Gebäudemantel
Der bauphysikalisch funktionale Gebäudemantel wird von Fenster- und Brüstungselementen aus Holz, Metall und Glas gebildet. Auf der Aussenseite sind die von der Ruch Metallbau AG gefertigten Elemente der nichtisolierten, vorgehängten Stahl-Metall-Fassade angebracht. Rund 660 dieser Elemente – die als Tragkonstruktion für die auskragenden Solardächer dienen – wurden in verschiedensten Abmessungen und Ausführungen verbaut. Diese Stahl-Metall-Elemente wurden im Werk der Ruch Metallbau AG vollständig zusammengebaut und vorkonfektioniert. Dies inklusive aller notwendigen Bohrungen und Laschen zur Befestigung der Kragarme.
Die Anlieferung zur Baustelle wurde «just in time» mittels LKW-Wechselpritschen vorgenommen. Die Montage erfolgte parallel mit der Errichtung des Gebäudes und der Verbauung des Gerüsts, von unten nach oben. Dieses Vorgehen ermöglichte eine effiziente und präzise Montage und trug massgeblich zur Verkürzung der Bauzeit bei.
Metallschwerter für die Solarmodule
Ein zentrales Element dieser Konstruktion ist ein horizontales Ständerwerk aus Metallschwertern zur Aufnahme der Solarmodule.
Diese auskragenden Bauteile bestehen aus einzelnen T-förmigen, sich gegen aussen verjüngenden geschweissten Kragarmen. Oben auf dem Profilrücken ist ein Aufsatz-Gummiprofil mit verschraubten Pressleisten eines Pfosten-Riegel-Systems aufgesetzt. Dieses gibt den Verbundsicherheitsgläsern respektive Solarelementen einen sicheren Halt und gewährleistet eine kontrollierte Wasserführung in die Rinne auf der Gebäudeseite.
Zur horizontalen Stabilisierung sind aussenseitig runde Verbindungsrohre eingebaut. Die Montage dieser auskragenden Tragkonstruktionen und die Belegung mit den Solarmodulen erfolgte dann, parallel zum Rückbau des Baugerüsts, von oben nach unten.
Parallel zur Modulmontage wurde auch die Integration der vertikalen Beschattungselemente durch ein entsprechendes Unternehmen ausgeführt.
Effiziente Stromgewinnung durch Sonnendächer
Durch die Integration sogenannter Sonnendächer konnte die nutzbare Fläche für die Stromproduktion im Vergleich zu einer rein vertikalen Photovoltaikanlage mehr als verdoppelt werden. In Kombination mit den Modulen der 250 m² grossen Dachanlage erreicht das System eine Gesamtleistung von 244 kWp und produziert pro Jahr ca. 140 000 kWh elektrische Energie. Damit können insgesamt etwa 35% des Strombedarfs der Wohnungen durch die eigene Solarenergie gedeckt werden – ein bedeutender Beitrag zur energetischen Selbstversorgung.
Ganzheitliche Umsetzung durch BE Netz
Die elektrotechnische Planung, Lieferung und Inbetriebnahme der gesamten PV-Anlage – sowohl an der Fassade als auch am Dach – wurde von der BE Netz AG verantwortet. Als erfahrene Solarspezialisten stellten sie die komplette technische Funktionalität und Erschliessung sicher.
Starke Partnerschaft für nachhaltige Architektur
Die enge Zusammenarbeit zwischen BE Netz AG und Ruch Metallbau AG erwies sich einmal mehr als zukunftsweisend: Gemeinsam entwickelten sie eine effiziente und wirtschaftlich optimierte Lösung im Bereich der gebäudeintegrierten Solartechnik – ein Modell, das auch für zukünftige Projekte Anwendung finden soll.
Dieser Holz-Hybrid-Bau von Boltshauser Architekten in Zusammenarbeit mit Pensimo Management AG wurde für seine innovative Solarfassade bei den Holcim Awards 2023 in Venedig mit dem Acknowledgement-Preis für nachhaltiges Bauen ausgezeichnet. ■
Bautafel
Bauherrschaft:
Anlagestiftung Turidomos, vertreten durch Pensimo Management AG, Zürich
Architektur:
Boltshauser Architekten AG, Zürich
Holzbau:
ERNE Holzbau AG, Laufenburg
Photovoltaik:
BE Netz AG, Luzern
Submission / Projekt Metallbau:
Feroplan Engineering AG, Zürich
Metallbau:
RUCH Metallbau AG, Altdorf