November 2021
November 2021
Mit der Publikation des Merkblatts SIA 2057 «Glasbau» schliesst der SIA eine Lücke und unterstützt Unternehmer bei der Festlegung von Glasqualitäten.
Mit der Publikation des Merkblatts SIA 2057 «Glasbau» schliesst der SIA eine Lücke und unterstützt Unternehmer bei der Festlegung von Glasqualitäten.

Glastechnik

Merkblatt SIA 2057 «Glasbau» jetzt erhältlich

Der SIA hat das Merkblatt SIA 2057 «Glasbau» herausgegeben. Das Dokument vereinheitlicht die Bemessung von Glasbauteilen für die Schweiz. Mehr über die Hintergründe und die Einsatzbereiche erfahren Sie im Beitrag.

Text: Mario Russi / Bild: Redaktion

Täglich werden in der Schweiz durch Metallbauer Bauteile aus Glas geplant und montiert. Das Anwendungsgebiet reicht dabei von einfachen Fensterausfachungen über grosse Panoramaverglasungen bis zu lastabtragenden Stützen und Trägern. Auch Spezialanwendungen wie Brandschutzverglasungen und intelligente Verglasungen spielen eine wichtige Rolle und prägen den tendenziell wachsenden Markt.
Bisher fehlte in der Schweiz eine einheitliche Regelung für die Bemessung von Bauteilen aus Glas. Oft wurde auf ausländische Normen zurückgegriffen, welche jedoch mit dem Bemessungskonzept der SIA-Normenreihe nicht kompatibel sind. Einzelne ausländische Publikationen basieren auf dem deterministischen Nachweiskonzept (ohne lastseitige Sicherheitsfaktoren), andere verwenden unterschiedliche Sicherheitsfaktoren und Lasteinwirkungen wie beispielsweise Klimalasten, die auf die Schweiz jedoch nicht adaptierbar sind.

Neues Merkblatt stützt sich auf Grundlage der SIA 260

Mit der Publikation des Merkblatts SIA 2057 «Glasbau» schliesst der SIA diese Lücke. Das Merkblatt, das auf Initiative des SIA und des SIGAB entstanden ist, vereinheitlicht die Bemessung von Glasbauteilen in der Schweiz und bietet Grundlagen, die auf Schweizer Verhältnisse und Einbausituationen abgestimmt sind. Das Bemessungskonzept stützt sich auf die Grundlage der SIA 260 und der entsprechenden Tragwerksnormenreihe.
Die Auswahl und Bemessung einer Verglasung basiert auf einem vierstufigen Nachweiskonzept. Die Tragsicherheits- und Gebrauchstauglichkeitskriterien (z.B. Durchbiegung) sind primär zu erfüllen. Im Weiteren müssen das sichere Bruchverhalten und ein Nachweis im Bruchzustand erbracht werden. Diese Nachweise können anhand eines Ganzglasgeländers erklärt werden.

Beispiel Ganzglasgeländer

Wirkt beim Geländer eine Holm- und Windlast, dürfen die Bemessungsspannungen in Abhängigkeit vom Glasprodukt zu keiner Zeit überschritten werden (Tragsicherheitsnachweis). Bei den gleichen Lasten, jedoch ohne zusätzliche Sicherheitsfaktoren, darf die Durchbiegung der Verglasung l/50 und mit Berücksichtigung der Weichheit der Einspannung durch den Geländerschuh l/25 der Spannweite nicht überschreiten (Gebrauchstauglichkeitsnachweis).
Das sichere Bruchverhalten ist typisch bei bodennahen Verglasungen und wird durch den Einsatz von Sicherheitsglas erreicht (sicheres Bruchverhalten). Im Fall einer einzelnen oder komplett gebrochenen Verglasung muss zudem nachgewiesen werden, dass eine reduzierte Last noch abgetragen werden kann (Nachweis im Bruchzustand). Es stellt sich hier die Frage, ob ein Glasgeländer mit Verbundsicherheitsglas (VSG) aus Einscheibensicherheitsglas (ESG) zulässig ist. Unter der Verwendung eines Kantenschutzes und weiterer geometrischer Kriterien: Ja, es darf VSG aus ESG als Glasgeländer eingesetzt werden. Nach dem gleichen Prinzip sind die Nachweise für andere Glasanwendungsarten zu führen.
Die Anwendung von Einscheibensicherheitsglas in grosser Höhe hat auf Grund der Spontanbruchgefahr durch Nickelsulfideinschluss in der Vergangenheit oft zu Unsicherheiten in der Glasauswahl geführt. Monolithisches Einscheibensicherheitsglas findet man zum Beispiel bei äusseren Ebenen von Isolierverglasungen oder zweiseitig gehaltenen Balkonverglasungen. Das Merkblatt SIA 2057 verweist dazu auf eine Risikobeurteilung und Information an den Bauherrn.

Risikobeurteilung ist in Arbeit

Die Technische Kommission des Metaltec Suisse hat sich zum Ziel gesetzt, eine Hilfestellung zur Risikobeurteilung für den Einsatz von Einscheibensicherheitsglas für Metallbauer auszuarbeiten. Aktuell arbeiten unter der Führung von Metaltec Suisse und einem externen Risikospezialisten diverse Verbände an der Ausarbeitung einer allgemeingültigen Risikobeurteilung. Die Risikobeurteilung wird den Einsatz von Einscheibensicherheitsglas in Abhängigkeit von der Verglasungsgrösse, der Einbauhöhe und der Nutzung unterhalb der Verglasung regeln.

Im Frühjahr 2022 plant die Technische Kommission des Metaltec Suisse je ein Zweitagesseminar in der Ostschweiz und in der Westschweiz zum Thema Glasbau. Die Teilnehmer*innen erwartet ein vielfältiges Programm rund um das Thema Glas sowie ein Update zur SIA 2057. Unter anderem wird auf folgende Themen eingegangen: Glasprodukte, Statik und Bauphysik, Sicherheit mit Glas, intelligente Verglasungen, Handhabung und Reinigung, Schäden mit Glas am Bau und Vogelschutz. Das Seminar richtet sich an Projektleiter, Planer, Konstrukteure und interessierte Glasanwender. Da es sich um ein Zweitagesseminar handelt, werden auch der Erfahrungsaustausch und der gesellschaftliche Teil am Abend ein wichtiger Bestandteil sein.
Die Einladung dazu folgt. Wir freuen uns auf Sie!  ■

Mario Russi, Mitglied Technische Kommission Metaltec Suisse
Metall-, Glas- und Fassadenbauingenieur, Cladding AG

 

Bestellung

Das Merkblatt kann beim SIA-Shop kostenpflichtig heruntergeladen werden.
www.shop.sia.ch