November 2015
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Interview mit Vize-Welt- meister Christian Baumann

SCHMIEDEN

Alle zwei Jahre findet im italienischen Stia die Weltmeisterschaft der gestaltenden Schmiede statt. Die Teilnahme von Christian Baumann wurde mit dem zweiten Platz belohnt. Im Interview schildert er uns, wie und was er schmiedet: von Werken, die Preise gewinnen, über Restaurationsarbeiten bis hin zu Zukunftsplänen.


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Herzliche Gratulation zum hervorragenden zweiten Platz. Wie darf man sich die Stimmung an der Schmiede-Weltmeisterschaft vorstellen?
Die Stimmung war ausgezeichnet. Es war eine grosse Freude spürbar, jeder hätte dem anderen den Erfolg auch gegönnt. Der Grund, weshalb ich anreiste, war die Kontaktpflege. Eigentlich fehlte mir ja die Zeit, um am Anlass mitzumachen. Aufgemacht habe ich mich ohne Idee, ohne Vorbereitung und ohne das Vorhaben, da zu schmieden. Während der Reise aber kamen die Ideen und mit ihnen auch die Motivation, aktiv teilzunehmen. Gut, hatte ich ein paar Hämmer und Zangen eingepackt. Da die Teilnahme sehr spontan zustande kam, bin ich über meine Platzierung als Zweiter überrascht.
Zum Thema «Marionetten und Masken» entstand bei mir die Idee eines Puppentheaters, das sich durch eine Kurbelwelle wie eine Marionette von oben bespielen lässt. Ich suchte etwas Spezielles - die Idee entstand, weil ich annahm, dass die meisten Teilnehmer Masken oder Marionetten umsetzen würden. Ebenfalls bewertete die Jury die Feuerhandhabung, Ordnung am Arbeitsplatz und das Aufhängen der Zeichnung - es wurde also zusätzlich geschaut, wie gearbeitet wird. Im Wettbewerb gab es drei Kategorien: Team und Einzel Männer oder Frauen. Im Einzel durfte man jedoch einen Helfer mitnehmen. Bei mir war das ein holländischer Kollege, der super heizte und zuschlug. Im Team-Wettbewerb gewann ein tschechisches Team, die Österreicher belegten den zweiten und dritten Platz. Im Einzel gewann ein Engländer, Sam Pearce, Dritter wurde Gösta Gablick aus Deutschland.
Was werden Sie mit dem Stück nun machen?
Das Werk blieb in Italien. Dort steht es jetzt in einer Ausstellung mit weiteren Siegesstücken aus vergangenen Jahren.
Wie darf man sich den kreativen Prozess bei Ihnen vorstellen?
Beim Grobschmieden mache ich vielfach eine Zeichnung, beim Ausformen arbeite ich jedoch frei. Oft beginne ich einfach einmal, und das Stück entwickelt sich im Verlauf der Arbeit. Ich bearbeite das Eisen gerne in alle Richtungen. Kreativität ist für mich mehr gestalten und weniger verzieren.
Bei Schmiedevorführungen gehe ich viel auf die Wünsche der Anwesenden ein. Die dadurch gewonnene Improvisationsfähigkeit, kam mir sicherlich auch bei der Schmiede-Weltmeisterschaft zugute.
Welchen Stellenwert hat Schönheit bei
Ihnen?
Schönheit drückt sich für mich dadurch aus, dass das Objekt zur Person und/oder zum Gebäude passt. Wenn es typisch für diese Person ist und sich der Stil auf die Person oder Umgebung bezieht. Ich denke, in der Schmiedekunst gilt es immer noch, den Anschluss an die moderne Architektur zurück zu finden. Im Moment ist ein klarer Stil vorherrschend. Andererseits sieht man aber wieder mehr ornamental Verziertes wie bedruckte Glasscheiben oder Laserbleche. Im Moment bin ich beispielswiese auch an einem Entwurf für ein Geländer an einem Neubau. Das aufwendigste in der Planung hier ist das Vereinfachen, Vereinfachen und nochmals Vereinfachen. Technische Details werden zum Ornament, und eine schwache Antiharmonie gibt einer Arbeit Spannung. Ein Kompliment für mich ist es, wenn man das Werk erst beim zweiten Hinschauen wahr nimmt und eine Arbeit einen Gedanke auslöst.
Die Holzspäne knacken beim Zerkleinern. Denn verstummt ist die Hammerschmiede Worblaufen nicht, leiser ja, aber wohlklingend. Seit rund einem Jahr wirkt Christian Baumann hier; zusammen mit Thomas Casalegno und Gamelle, die ebenfalls ihre Werkstätten führen und den Ort neu beleben. Wenn er restauriert, setzt sich Christian Baumann mit vergangenen Epochen auseinander, den Blick hält er aber gleichermassen auf die Zukunft gerichtet. Immer mit dabei ist seine Leidenschaft fürs Schmieden.
Woran arbeiten Sie aktuell?
Momentan restauriere ich Geländer mit Ornamenten für das Bundeshaus in Bern. Die Originale stammen etwa aus 1903, in den 1930er-
Jahren wurden diese bereits einmal restauriert. Zudem kamen zwischendurch einige Ornamente abhanden, die um 2010 nachgebildet wurden. Standard-Restaurierung. Zuerst ist eine genaue Analyse der Schäden gefragt. Oft sind die grössten Schäden auf eine vergangene Restaurierung zurückzuführen. Dann denke ich mich in die damalige Vorgehensweise bei der Herstellung hinein. Es wurden beispielsweise Techniken wie Kupferlöten angewandt, die ich auch praktiziere. Wichtig ist zudem der Austausch unter Fachleuten. So hat mir neulich mein Kollege René Soller - der in Stia Vierter oder Fünfter wurde -
von einer alten Technik erzählt. Dabei werden Lehm, Kälberhaar und Zunder vermischt. Das zu reparierende Stück wird darin fixiert und die Bruchstelle mit Kupferdraht umwickelt, wonach das Stück völlig mit dieser Mischung eingepackt wird. Nun kann dieser Klumpen ins Feuer gelegt, erhitzt und einige Male gewendet werden. Sobald eine violette Flamme erscheint, hat das Kupfer gelötet. Nach dem Abkühlen kann das Stück herausgenommen und gereinigt werden. Der grosse Vorteil ist, dass kein säurehaltiges Flussmittel benötigt wird, was später eine Korrosion begünstigen würde.